Denken wir an Ecommerce im Zusammenhang mit Europa fallen uns nur Hindernisse und Hemmnisse ein, die prominentesten Beispiele sind Verordnungen wie Geo-Blocking, die DSGVO (GDPR), und die ePrivacy Verordnung zum Umgang mit Cookies. Gerade beim Geo-Blocking geht es darum, keine EU-Bürger von der Möglichkeit auszuschließen, im eigenen Onlineshop einzukaufen. Aber wie sieht die Umsetzung aus?
- Die Geo-Blocking Verordnung als Chance, nicht als Hindernis
- Europa als Wirtschaftsmacht und Riesenmarkt
- Hürden und Hemmnisse im europaweitem Ecommerce überwinden
- Internationales Onlinemarketing
- Growth Hacking als neuer Ansatz
Die Geo-Blocking Verordnung als Chance, nicht als Hindernis
Geo-Blocking bzw. die Vermeidung des Blockierens von Kunden aufgrund ihrer Herkunft wird im allgemeinen so umgesetzt, dass wir jeden EU Bürger zwar erlauben bei uns im Webshop einzukaufen, seine Ware darf er dann aber selbst abholen. D.h aus Kundensicht ist nichts gewonnen. Aber muss das so sein? Warum dem Kunden die Ware nicht auch liefern, ihm den Einkauf vielleicht sogar schmackhaft machen? Warum nicht nach ganz Europa verkaufen und liefern? Das ist sicherlich nicht ganz einfach, aber wenn es einfach wäre, würde es ja jeder machen. Weil es aber nicht jeder macht könnte es durchaus ein Wettbewerbsvorteil sein.
Europa als Wirtschaftsmacht und Riesenmarkt
Europa, so negativ es oft gesehen wird, ist nach China die weltweit die zweitgrößte Wirtschaftsmacht (https://de.wikipedia.org/wiki/Wirtschaft_der_Europ%C3%A4ischen_Union), vor den USA und Russland. Innerhalb Europas ist Deutschland mit 20% Anteil am Bruttoinlandsprodukt die größte Wirtschaftsmacht, dicht gefolgt von den Briten (noch) und den Franzosen. Auch wenn man die Briten für die nächsten Jahre oder Jahrzehnte vergessen kann (die sind erst einmal mit sich selbst beschäftigt), bleibt Europa ein gigantischer Markt. Dieser ist allerdings deutlich heterogener als z.B. China oder die USA: alleine schon wegen der vielen unterschiedlichen Sprachen und zum Teil sogar noch mit verschiedenen Währungen (z.B. dänische oder schwedische Kronen). Ich behaupte aber, dass die kulturellen Unterschiede zwischen Nordkap und Sizilien deutlich geringer sind als gemeinhin angenommen. Schwieriger wird es allerdings mit Ländern wie der Schweiz oder Norwegen, in Zukunft vermutlich auch mit dem Vereinten Königreich wegen Zoll- und anderer Bestimmungen.
Hürden und Hemmnisse im europaweitem Ecommerce überwinden
Aber diese Hürden sind überwindbar. Die meisten Shopsysteme unterstützen den Ecommerce in mehreren Ländern, selbst die frei verfügbaren Community Editions. Die Shoptexte wie Produktbeschreibungen oder andere Informationsseiten lassen sich relativ leicht übersetzen. Diverse Anbieter machen das bequem online und für einen vernünftigen Preis. Systeme für Onlineshops bilden zudem verschiedene Währungen ab, wobei der Wechselkurs der dänischen Krone (DKK) zum Beispiel fest an den Euro gebunden ist, so dass auch in diesen Fall das Wechselkurs-Risiko entfällt. Das englische Pfund (GBP) können wir auch hier wieder getrost vergessen.
Bleibt die Frage der Logistik: die üblichen Logistikdienstleisters liefern normalerweise europaweit. Problematischer als die einzelnen Länder sind allerdings die diversen Ausschlüsse von Lieferungen auf Inseln. Während wir in Deutschland nur Helgoland sowie einzelne Halligen beachten müssen, gibt es in Europa natürlich sehr viel mehr Inseln, die für eine Lieferung ausgeschlossen bzw. mit einem entsprechenden Preis belegt werden müssen. Diese betroffenen Gebiete erhält man aber vom Lieferdienst. Allerdings erhöhen sich meist die Lieferzeiten um ein bis zwei Tage sowie die Versandkosten. Das drückt normalerweise zwar die Konversionsraten etwas, aber das dürfte zu verschmerzen sein.
Alle Länder in einem Webshop oder einzelne Shop-Mandanten pro Land?
Bleibt noch die Frage, wie man die neuen Ländern bedienen möchte, ob mit einzelnen Shop-Installationen (eigene Mandanten) und einer eigenen Domain oder über mehrere Sprachbäume mit entsprechenden Unterverzeichnissen innerhalb einer Installation. Wie schon erwähnt unterstützen letzteres so gut alle frei verfügbaren Communtiy Editions der diversen Shopsysteme wie Magento, Presta Shop, Shopware oder OXID eSales. Nachdem die Variante der einzelnen Mandanten pro Land in der Umsetzung und kostenseitig deutlich aufwendig ausfallen dürfte, bietet sich für einen Einstieg in den europaweiten Onlinehandel die Varianten der zusätzlichen Sprachbäume an. Man dürfte sehr schnell erkennen, in welchem Land sich evtl. ein eigener Mandant lohnen dürfte, denn es werden nicht alle Länder gleich performen (Markt, Mitbewerber, Onlineaffinität, etc.).
Internationales Onlinemarketing
Ein Onlineshop ohne entsprechende Vermarktung ist heutzutage so gut wie gar nichts mehr wert. Neben dem Webshop müssen also auch alle Marketingmaßnahmen wie Suchmaschinenoptimierung, Google Ads, Bing Ads oder Newsletter auf alle neuen Länder und Sprachen übertragen werden. Auch hier fallen wieder eine Menge Übersetzungsarbeiten sowie das entsprechende Monitoring an. Problematisch dabei ist, dass die eigenen Mitarbeiter im Onlinemarketing oder die heimische Performance-Agentur weder die notwendigen Sprachkenntnisse besitzen noch über die benötigten Einblicke in die neue Zielmärkte besitzen. Um in diesem Falle eine international aufgestellte Werbe- oder Marketingagentur zu beauftragenen hängt sehr stark vom verfügbaren Budget ab, wobei es ja nicht immer der große Wurf sein muss, gerade kleinere und mittlere Händler sollten die Risiken minimieren und in neuen Ländern klein starten.
Jedenfalls macht eine Internationalisierung der eigenen Ecommerce-Aktivitäten keinen Sinn, wenn nicht auch die Vermarktung von Anfang an mit berücksichtigt wird. Vom eigenen Onlineshop einfach in einer neuen Sprachversion erstellen genügt leider nicht. Die Konkurrenz schläft auch in den anderen europäischen Ländern nicht!
Growth Hacking als neuer Ansatz
Ein interessanter Ansatz ist eine Methodik, die seit einigen Jahren und dem Buzzword Growth Hacking im Marketing die Runde macht. Lauter kleine Testballons in allen möglichen Marketing-Disziplinen starten lassen und einfach diejenigen skalieren, die in dem jeweiligen Land funktionieren. Dabei erfindet Growth Hacking das Marketing keinesfalls neu, es handelt sich um eine strukturierte Vorgehensweise bzw. ein Art Firmenkultur, mit der die efolgversprechendsten Maßnahmen identifiziert und ausgebaut werden.